Unsere Stadt

„Viele kommen sehr krank bei uns an.“

Von 7e, Kaiserin-Friedrich-Gymnasium

Die Klasse 7e vor der Übernachtungsstätte Ostpark mit Elfi Ilgmann-Weiß (rechts) und Timo Schadler (links).

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In der Übernachtungsstätte Ostpark können Wohnungslose übernachten, ihre Wäsche waschen oder sich in der Ambulanz behandeln lassen. Einen Einblick in die Arbeit der Diplompädagogin Elfi Ilgmann-Weiß erhielt die Klasse 7e des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums.

„Herausfordernd, abwechslungsreich und notwendig“ – mit diesen Worten beschreibt die Diplompädagogin Elfi Ilgmann-Weiß ihre Arbeit in der Übernachtungsstätte Ostpark in Frankfurt. Die 70-Jährige arbeitet dort mit rund 50-60 Kolleginnen und Kollegen und kümmert sich um Menschen, die wohnungslos sind. Von den etwa 3900 Wohnungslosen, die in Frankfurt leben, finden 200 eine Bleibe in der Unterkunft im Ostend. Von der großzügig gestalteten Unterkunft blickt man auf den nahegelegenen Ostparkweiher.

Chance für einen Neuanfang oder mindestens ein Verschnaufen

Manche Bewohner bleiben lediglich eine Nacht, viele leben aber auch schon mehrere Jahre hier.  Menschen ab 18 Jahren jeglicher Herkunft bietet sich die Chance für einen Neuanfang oder zumindest für ein Verschnaufen, bevor sie wieder in das Leben auf der Straße eintauchen oder auch in eine andere Unterkunft vermittelt werden können. Der Ostpark ist eine Selbstversorgungseinrichtung, jeder Bewohner ist für frische Wäsche und seine Mahlzeiten selbst zuständig. Dafür stehen Gemeinschaftsküchen und Waschräume zur Verfügung. Zimmer mit meistens zwei, wenige mit vier Betten bieten den Bewohnern einen geschützten Bereich. Weitläufige Innenhöfe laden zu Aufenthalt und Gespräch ein.

Scheidungen, Suchtprobleme oder der Verlust eines geliebten Menschen

„Obdachlosigkeit hat viele Gründe“, bemerkt Timo Schadler (50). Der Sozialarbeiter verweist auf persönliche Schicksale wie Scheidungen, Suchtprobleme oder den Verlust eines geliebten Menschen. Hinzu kämen „Knackpunkte“, dass man nur wenige Freunde habe oder nicht in der Lage sei, Hilfe anzunehmen. „Viele haben nicht gelernt, über ihre Probleme mit anderen zu sprechen.“ Obdachlosigkeit kann viele treffen. Vor der Unterkunft hat eine ehemalige Bankmitarbeiterin ihr Zelt aus bunten Regenschirmen aufgeschlagen. Ab und an erhält sie von den Mitarbeitern eine Tageszeitung, lebt ansonsten für sich und sucht wohl nur die räumliche Nähe.

Alle Bewohner werden gesiezt

AEin positives Menschenbild sei Grundlage ihrer Arbeit, fügt Ilgmann-Weiß an. Den Bewohnern mit Respekt und Geduld zu begegnen, schaffe die Grundlage für vertrauensvolles Arbeiten. So werden alle Bewohner gesiezt. Sie entscheiden entweder selbst über die Dauer ihres Aufenthaltes oder das örtliche Sozialamt gibt eine zeitlich befristete Zusage. Oftmals sind es die kleinen Erfolgserlebnisse, die den herausfordernden Alltag beschreiben. „Wenn jemand mal geduscht hat“, nennt sie als Beispiel.

Erkrankte können sich in der Ambulanz behandeln lassen

Die Angebote in der Obdachlosenunterkunft sind vielfältig. Neben einem an mehreren Tagen geöffneten Cafè gibt es eine Trommelgruppe, mal einen gemeinsamen Zoobesuch oder ein Treffen zum Bowlingspiel. In der Ambulanz können Erkrankte behandelt werden. Manche Bewohner sind durch jahrelangen Konsum illegaler Drogen gezeichnet. Um ihnen den ruhigen und hygienischen Konsum zu ermöglichen, haben sie Zugang zum sogenannten Drogengebrauchsraum. „Wir können helfen, dass unsere Bewohner nicht in unhygienischer Umgebung konsumieren“, betont Ilgmann-Weiß. Manchen aber, so schiebt sie nach, könnten sie auch helfen, wenn sie keine Drogen mehr konsumieren wollen. So werden Therapiemöglichkeiten angeboten und Kontakte zu Entzugskliniken vermittelt.

Die Zahl der Hilfesuchenden ist konstant geblieben

Elfi Ilgmann-Weiß verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in der Straßensozialarbeit. Sie betreute unter anderem den Kältebus des stadtnahen Frankfurter Vereins. Die Zahl der Hilfesuchenden, bestätigt sie, sei in den letzten Jahren recht konstant geblieben. Doch die psychischen Auffälligkeiten nähmen zu. „Viele kommen sehr krank bei uns an.“ Wenn sie dann von einer Bewohnerin erzählt, einer jungen Frau aus Bayern, die sie, über viele Stunden hinweg mühevoll dazu bewegen konnte, wieder in ihre Heimat zurückzukehren, erkennt man die Herausforderungen, die Obdachlosenarbeit mit sich bringt. „Was war das für eine Freude, als sie endlich in den Zug gestiegen ist“, resümiert die Sozialarbeiterin. Man erahnt, was Ilgmann-Weiß‘ Beschreibung ihrer eigenen Arbeit heißt: herausfordernd und notwendig.